Archiv für den Monat: März 2015

Chile – vom Paso Victoria bis Golfo de Penas – jenseits von Eden – vom 20.3. bis 28.3.2015

Unsere Nacht in der Caleta Victoria verlaeuft weniger ruhig als erwartet. Spaet abends kommt noch ein weiteres, also mittlerweile das vierte, Fischerboot in die Caleta. Waehrend wir die Manoever der anderen Boote, die bei uns jetzt laengsseits liegen, kaum bemerkt hatten, werden wir jetzt aufmerksam, durch einen hochtourigen laufenden Dieselmotor. In der Dunkelheit will das Boot laengsseits gehen, stellt aber dann fest, das alle Liegeplaetze belegt sind. Die anderen Fischer nehmen es gelassen. Es ist eben kein Platz mehr. Kurz bevor wir schlafen gehen wollen, geht ein Ruck durch PACIFICO, ein lautes Geraeusch von achtern und im Hintergrund wieder wildes Motorengeheul. Aufgeschreckt sehen wir nach, was passiert ist. Der Nachzuegler hat das ueber die Bucht gespannte Tau, an dem wir alle liegen mit seiner Schraube geschreddert und zerrissen und jagt jetzt mit Volldampf auf die anderen Fischerboote zu, waehrend PACIFICO, jetzt der stabilen Lage beraubt, anfaengt zu driften. Kurzes Geschrei der anderen Fischer, die schon Sorge um ihre Schiffe haben, bremsen den Chaoten. Insgesamt nehmen sie die Situation jedoch erstaunlich gelassen: der Chaot waere eben nur betrunken! Nach kurzem Hin uns Her wird PACIFICO zusaetzlich an einem der beiden groesseren Boote festgemacht, der chaotische Fischer legt sich hinter die anderen Boote und nach einer halben Stunde ist wieder Ruhe. Und wir etwas verwundert, wie das hier so laeuft 🙂
Am naechsten Morgen machen wir uns, kurz nach den Fischern, auch auf den Weg. Kaum sind wir aus der Caleta, hoeren wir komische Geraeusche aus dem Motorraum. Also zurueck in die Caleta um nach zu schauen. Da das Haltetau ja nicht mehr da ist, gehen wir vor Anker. Es ist der Keilriemen, der nachgespannt werden muss. In Port Montt wird es dann einen neuen geben. Aber erst einmal kann es weiter gehen.
Gut eine Stunde spaeter fahren wir in den Canal Colling Wood ein und haben dann mal wieder muntere Begleitung einer kleinen Gruppe von Delfinen. Auch Robben tauchen dann und wann auf. Uns wird nie langweilig, ihnen zu zuschauen und wir werden nicht muede uns an so einer Begleitung zu freuen. Das Wetter ist annehmbar und der Wind so guenstig, dass wir gute Strecke nach Norden segeln koennen, vorbei an der Isla Newton. Und natuerlich bleibt es nicht so und man kann es sich ja schon denken: der Wind dreht mal wieder und frischt auf. In den letzten Wochen haben wir gelernt, die unterschiedlichen Grautoene des auf uns zukommenden Wetters zu differenzieren und ein zu schaetzen. Meistens koennen wir schon gut erkennen, ob es heftig wird und man Schutz suchen sollte, oder ob das, was da kommt, nur vorueber gehend ist und wir weiter segeln koennen. Jetzt haengen die dunklen Wolken tief ueber dem Kanal. Zum greifen nah. So nah, das Fetzen der Regenwolken in Augenhoehe vorbei fliegen. Wir kreuzen bei Boeen bis zu 35 Knoten auf dem Kanal Sarmiento nach Norden und nehmen dort die erste gute Moeglichkeit fuer die Nacht vor Anker zu gehen in der Caleta Balandra. Vom Zick-Zack-Kurs auf dem Plotter haben wir ein Foto gemacht. Kreuzen vom Feinsten 😉 Die Caleta Balandra ist eine durch vorgelagerte Inseln geschuetzte Bucht, in der wir uns in der hintersten Ecke ein traumhaft schoenes Plaetzchen suchen. Dicht bewachsenes Ufer mit einem kleinen Strand, dahinter die, wegen der Pazifiknaehe schon weniger hohen Felsen mit einem Wasserfall. Auch hier ist das Wasser klar bis auf den Grund. Vorteilhaft ist ausserdem, dass wir von hier aus den Kanal Sarmiento monitoren koennen, der am naechsten Morgen immer noch weisse Wellenkaemme hat von dem immer noch starken Wind aus noerdlichen Richtungen. Es ist dann schon Mittag, als es sich endlich beruhigt und wir weiter koennen.
Wir wollen baldmoeglichst Puerto Eden erreichen, da wir uns mittlerweile Sorgen machen, wie weit wir wohl noch mit dem Diesel in unserem Tank kommen werden. In Puerto Eden soll es meistens Diesel geben. Die Betonung liegt auf „meistens“. Vorsichts halber schreiben wir die Armada per Mail an, um Diesel vorzubestellen. Wir brauchen ja immerhin 400 Liter! Also nutzen wir auch diesen Nachmittag, um weiter nach Norden zu kommen. Wenige Stunden spaeter suchen wir die schwer zu findende Einfahrt zur Caleta Moonlightshadow. Wer hier wohl Namensgeber war? Nun es gibt hier noch freies Potential fuer fantasievolle Namensgebungen. Inseln, Fjorde und Kanaele, die nach wir vor unbenannt sind und auch teilweise noch nicht vermessen wurden. Hier kann man offenbar zum Namensgeber werden, wie die Schwestern Dardé. Nach ihnen wurde die Bucht im Kanal Smyth benannt, in der wir einige Tage und Naechte abgewettert haben.
Die Caleta Moonlightshadow zieht sich 2 Seemeilen ins Landesinnere in flacher Umgebung und gehoert wie die Caleta Balandra zur Insel Piazzi. Nur wenige Seemeilen nord-westlich kommt man ueber den Nelson-Strasse schon in den Pazifik.
Kaum sind wir in die Caleta eingefahren haben wir wieder Delfin-Begleitung. Eine Mutter mit ihrem Jungen, das knapp halb so gross ist, wie sie selbst. Wir sehen sie am naechsten Morgen noch einmal wieder, draussen vor der Caleta auf dem Kanal, in einer grossen Gruppe weiterer Delfine, die immer wieder springend auf uns zu schwimmen. Ungewoehnlich fuer uns, da wir bisher nur erlebt haben, dass die Delfine meist hinter PACIFICO auftauchen und uns dann neben und vor dem Bug spielerisch begleiten.
Wir haben grosse Plaene fuer diesen Tag. Auch wenn wir nicht segeln koennen, wollen wir den heute wenigen Wind, der nach wir vor noch aus Norden kommt, nutzen, um moeglichst viel Strecke zu machen. Am noerdlichen Horizont sehen wir einen blauen Streifen Himmel, der uns magisch anzieht. Die Fischer hatten uns gesagt, das Wetter wuerde die naechsten Tage besser werden und der Wind auch etwas auf Sued-West drehen. Auch unsere Wetter-Grips und Hamburg bestaetigen diese Vorhersagen. Wenn es wirklich zutreffend ist, koennten wir in drei Tagen in Puerto Eden sein. Der ersten Zivilisation nach Puerto Williams, also nach ungefaehr vier Wochen. Und tatsaechlich geht es gut voran. So gut, das wir uns schon bremsen muessen. Das heisst, nicht zu weit zu fahren und damit zu riskieren, erst bei Dunkelheit an einem geeigneten Ankerplatz an zu kommen. Dabei ist es zu verlockend bei Sonne und fast Windstille nicht einfach weiter zu fahren. In der Naehe der Caleta Vappu, in der wir dann vernueftiger Weise ankern und uebernachten wollen, sehen wir ein weisses Fischerboot. Es sind noch ungefaehr 4 Seemeilen bis dorthin. Da wir unseren Merlusa schon verzehrt haben, wollen wir bei den Fischern wieder nach Fisch fragen. In der Hoffnung, dass sie noch etwas in der Gegend bleiben, halten wir auf sie zu. Gut eine Meile vor dem Boot kommt uns das im Sonnenschein auf die Caleta zu fahrende Boot dann doch etwas merkwuerdig vor und wir nehmen noch einmal das Fernglas. Es ist kein Fischerboot. Es ist eine riesige Eisscholle!!! Im spiegelblanken Wasser treibt das „Eis-Boot“ mit der Stroemung. Weit und breit kein anderes Eis. Wahrscheinlich hat sie es aufgrund ihrer Groesse vom Gletscher in einem entfernter liegenden Seno bis hierher geschafft. Wir sind allerdings dann doch etwas enttaeuscht, weil es nun keinen Fisch zum Abendessen gibt 🙁
In der Caleta Vappu fahren wir direkt an die Klippen heran, steigen aus und machen an einem Baum fest. Zusaetzlichen lassen wir noch den Anker fallen. Das Wetter ist noch so schoen, das wir im Cockpit zu Abend essen und dabei das Gefuehl haben, wir sitzen auf einer Terrasse im gruenen Garten.
Am naechsten Tag ist Sonnenbaden angesagt. Wenn man soviel Wind und Regen und Kaelte hatte, wie wir in den letzten Wochen, kann man sich sicherlich vorstellen, was das fuer ein Genuss ist. Windstille! Also nicht gegenan kaempfen. Die warme Sonne, das herrliche Panorama der Berge, der Inseln, der Kanaele geniessen. Gut voran kommen. Am Nachmittag erwartet uns noch etwas ganz besonderes. Whale-Watching! Zunaechst sehen wir die Wale nur aus sehr weiter Entfernung und erkennen sie nur an dem Blas, den sie beim Atmen meterhoch in die Luft spruehen. Und dann wird es mehr. Scheinbar sind ganze Gruppen von Walen hier in den Kanaelen Conception und Wide in oder aus Richtung Pazifik unterwegs. Wir hoffen auf einen Wal in unserer Naehe. In knapp einer halben Meile Entfernung sehen wir dann auch einen Wal auftauchen und, kurz bevor er wieder weg ist, noch die weisse Unterseite seiner Schwanzflosse. Nach den uns vorliegenden Zeichnungen muesste es ein Finn-Wal gewesen sein. Fuer ein Foto reichte es leider nicht.
Nur noch eineinhalb Tage bis Puerto Eden. Diesel tanken und frische Vorraete einkaufen. Obst und Gemuese sind fast zu Ende. Fuer eine letzte Uebernachtung vor Puerto Eden waehlen wir die Caleta Dock. Hier koennen wir ankern ohne Landleinen, zumal wir ohnehin kein schweres Wetter erwarten. In der Daemmerung laeuft ein weiterer Segler in die Caleta ein, die Suditude aus der Schweiz. Wir werden sie am naechsten Tag auch in Puerto Eden sehen, einige Tipps und Informationen erhalten und erfahren, dass sie auch zu den Marquesas unterwegs sind, dann aber ueber Hawaii nach Alaska wollen.
Am Dienstag, den 24.3., treten wir bei schoenstem Wetter die letzten Meilen nach Puerto Eden an. Unterwegs sehen wir Robben und wieder Wale. Diesmal gluecken sogar einige Fotos. Im Kanal Wide treiben auch vermehrt grosse Eisscholen. Gelegenheit fuer Hermann, noch einmal auszusteigen und das Gefuehl, auf einer Eisscholle zu stehen, zu erleben. Mit Hammer und grossem Messer pickern wir Eis von der gewaehlten Scholle fuer unseren defekten Kuehlschrank, da wir ja in Puerto Eden Fleisch einkaufen wollen, das kuehl gehalten werden muss.
Hinter ein paar Inseln im Kanal liegt auf der Isla Wellington Puerto Eden. Der erste Ort seit Puerto Williams. Ein Fischerdorf. In unserem Fuehrer beschrieben als ein Ort mit mehreren Geschaeften und einer Einwohnerzahl von 280, Tendenz sinkend. Vor uns sehen bunte Haeuser an der Kueste entlang. An einer Bruecke mit grosser Rampe fahren wir in die Hafenbucht ein und beschliessen an einer freien Bruecke anzulegen. Wir werden von zwei Maennern begruesst, die bestaetigen, dass wir hier festmachen koennen, da PACIFICO nur 1,45 m Tiefgang hat. Ob wir Wasser brauchen, ob wir duschen wollen oder sonst etwas benoetigen? Diesel. Wir brauchen Diesel. Ja, gibt es. Morgen Mittag. Der Preis liegt etwa bei 190 Prozent des normalen Preises. Man haette ja schliesslich auch die Transportkosten zu tragen. Nach unseren Informationen ist der jedoch kostenlos. Die Frage nach einem Restaurant, denn wir wollen abends gerne Essen gehen, erntet Gelaechter. Nein, so etwas gibt es nicht. Es gibt auch keinen Strassen. Nur einen Bohlenweg an der Kueste entlang, um zu den Haeusern zu gelangen. Und einen Bohlenweg ueber den Berg an der Satelitenstation vorbei und als Abkuerzung zur anderen Seite, damit man nicht außen herum laufen muss. Es gibt tatsaechlich mehrere Geschaefte, zum Teil jedoch geschlossen, mehr Stubenlaeden, mit wenig Angebot. Nur das Noetigste. Kaum Obst und Gemuese. Nach Fleisch fragen wir gar nicht erst. Am naechsten Tag kommt die Faehre aus Port Montt. Dann gibt es Obst und Gemuese. Aber man muss rechtzeitig da sein, denn es ist immer nach kurzer Zeit ausverkauft. Die Faehre kommt einmal die Woche aus Port Montt und einmal die Woche, dann auf der Rueckfahrt, von Puerto Natales. Das war es. Kein Geldautomat. Kein WiFi. Zumindest keines das fuer uns funktioniert, wie wir gehofft hatten. Was es reichlich gibt sind Hunde und Katzen. Ein riesiges Werbeplakat, dass hier Massnahmen zur Entwicklung des Ortes erfolgen. Eine im Verhaeltnis riesige Schule mit einer Aula, in der bequem 250 Leute Platz haben, fuer vier Kinder, die hier unterrichtet werden. Und nur noch 165 Einwohner. Die Dorfbewohner, die wir unterwegs treffen, sind durchweg nett, hilfsbereit, freundlich und gruessen uns.
Wir bemuehen uns am naechsten Tag unseren Bedarf an Obst und Gemuese einzukaufen, zu horrenden Preisen fuer das wenige, dass wir bekommen, und nehmen 400 Liter Diesel am Anleger ab, mit dem guten Gefuehl, mit der Menge bis Port Montt zu kommen. Den Preis nehmen wir so hin. Aendern koennen wir daran sowieso nichts. Kurz nach 15.30 h legen wir dann in Puerto Eden ab Richtung Norden. Wir wollten eigentlich laenger bleiben, nur gab es nichts weiter, fuer dass sich das gelohnt haette.
Die Nacht fahren wir durch, um den vorerst letzten Tag des guten Wetters zu nutzen, und den Golfo de Penas zu ueberqueren. Hier schwimmt PACIFICO das erste mal im Pazifik-Wasser! Der Wind ist noch nicht zurueck. Dafuer dichter Nebel. Vorbei fahrende Schiffe sehen wir nur auf dem Plotter, obwohl sie kaum 1,5 Seemeilen entfernt sind. Die Sicht liegt bei der Ueberquerung dieses mit 100 m Tiefe sehr flachen Gewaessers teilweise unter 100 m. Dazu die Duenung des Pazifiks. An anderen Tagen, vor allem bei Westwind, wird vor den Gefahren dieses Gewaessers gewarnt. Da soll der Seegang betraechtlich sein, eben weil hier der Pazifik innerhalb von knapp 20 Seemeilen von ein Wassertiefe von ueber 3.000 m auf 100 m ansteigt. Wie Brandung am Strand!.
Wir gehen nachmittags in einer grossen geschuetzten Bucht, wie ein See, der Caleta Barroso auf der Peninsula Tres Montes vor Anker und werden hier die naechsten Tage auf geeignetes Wetter warten, um die Halbinsel zu umrunden und ueber den Pazifik Richtung Norden in den Kanal Darwin zu segeln.
Die Temperaturen liegen hier tagsueber schon einmal bei 17 Grad, das Wasser schon bei fast 16 Grad. Grund genug unsere mehrfach reparierte Heizung zu schonen und auch schon mal wieder draussen im Cockpit zu duschen.

Chile – Kanal Smyth, Paso Victoria – Zucker auf den Bergen vom 16.3. bis 19.3.2015

Nachdem wir den Kanal Smyth erreicht haben, verbringen wir eine ruhige Nacht in der der Caleta Teokita.
Am Eingang des Kanal Smyth liegt die kleine Inselgruppe Fairway mit einem Leuchtfeuer und einer Station der Armada. Das ist das erste Haus, dass wir seit dem Kanal Noroeste sehen. Der Posten, der uns von den Isoletes Fairway anruft, ist sehr nett und freundlich. Allerdings muss er mehrfach nachfragen, wo wir denn vor Anker gegangen sind. Obwohl fast in Sichtweite, kann er den Namen Caleta Teokita nicht zuordnen. Er fragt mehrmals, wo im Puerto Profundo wir denn liegen, der Bucht, die dann an die Caleta anschliesst und wo ueblicherweise die Schiffe festmachen. Teokita ist dann wohl eher der Geheimtipp. Schmal, auf der Seekarte ohne Tiefenangabe, pflanzenreich und von ueberwucherten, nicht sehr hohen Felsen umgeben, liegen wir in der Teokita an der Muendung eines kleinen Wasserlaufes sehr geschuetzt. Jede Caleta und Bucht, die wir bisher kennen gelernt haben, hat so ihren ganz eigenen Charme. Das Bild dieses dichtbewachsenen Fjordes wirkt vor den kargen, also kaum gruenen windtrotzenden Bergen fast bizar und unwirklich in seiner Schoenheit.
Hatten wir gehofft, dass das Wetter nach der Magallanstrasse besser wird und die Temperaturen etwas angenehmer, so trifft dies nur fuer das Wasser zu. Mittlerweile zeigt das Thermometer immerhin 12° und ist damit ist es waermer als die Luft. Und Hamburg und unsere Wettergrips sagen weitere Starkwinde und Tiefdruckgebiete voraus.
Am naechsten Morgen geht es in der Fruehe weiter im Kanal Smyth nach Norden. Anfangs koennen wir sogar segeln und kommen gut voran. Aber, wie man sich mittlerweile denken kann, haelt das nicht lange. Windboehen um die 40 Knoten stoppen uns auf und PACIFICO macht nur noch 0,9 Knoten gegen den Wind und die Wellen. Kurzentschlossen kehren wir um und suchen die Einfahrt zur Caleta Dardé in der Isla Hose. Wir richten uns auch hier wieder nach den Angaben in den Buechern, da auch diese Caleta in der Seekarte nicht beschrieben ist und nur grob skizziert. Wir ankern hier frei ohne Landleinen, obwohl es die Moeglichkeit zum zusaetzlichen festmachenan an einer anderen Stelle in der Caleta gibt. Eine Entscheidung, die uns in der zweiten Nacht zum umankern zwingt, da der drehende Wind PACIFICO Richtung Kelb und Halbinsel treibt – der Wind, der hier ja immer das macht, was er moechte, und nicht unbedingt das, was vorher gesagt wurde 😉
Die Caleta Dardé bietet guten Schutz gegen den draussen auf dem Kanal mit 40 bis 60 Knoten tobenden Wind. Am zweiten Morgen hat sich das Wetter offenbar beruhigt. Es weht nur noch mit durchschnittlich 15 Knoten, so dass wir uns mit dem ersten Tageslicht wieder auf den Weg machen.
Nicht mal eine Stunde spaeter gehen wir erneut in der Caleta Dardé vor Anker. Wir hatten von unserem geschuetzten Platz keinen Blick auf den Kanal! Jetzt wissen wir, wie die Hinweise auf die Moeglichkeit zum „Monitoring des Kanals“ vom Ankerplatz aus, die wir gelegentlich in unseren Buechern finden, zu werten sind. Draussen auf dem Kanal fegt der eisige Wind wieder aus Nord mit ueber 35 Knoten. Also ist an ein Weiterkommen nicht zu denken, trotz anderer Windvorhersagen auf unserem Wettergrip. Zeit sich mit den Buechern und Informationen ueber die Suedsee zu beschaeftigen. Da wird es zumindestens in den Gedanken etwas waermer.
Am dritten Morgen ist es draussen sehr kalt. So um die 3 Grad Lufttemperatur. Auf den Bergen hat es ueber Nacht geschneit. Der Wind hat sich erwartungsgemaess beruhigt. Und auch die Stroemung der Flut im Kanal Smyth ist an diesem Morgen mit uns. Dafuer hat die Heizung schon wieder ihren Betrieb eingestellt. Ihr ist es offenbar zu kalt zum arbeiten 😉
Es gibt also viel heissen Tee und dicke warme Kleidung. Jedoch der Blick auf die Berge, die wie mit Puderzucker ueberstreuter Schokoladenkuchen aussehen, die Sonne, die sich auch immer mal wieder blicken laesst, entschaedigen uns fuer alles. Es ist eine unglaublich schoene, wilde und faszinierende Landschaft, durch die wir reisen. Und die Eindruecke, die wir gewinnen, sind unwiderbringlich.
Am Nachmittag verlassen wir den wieder in Richtung Pazifik fuehrenden Kanal Smyth und laufen fuer die naechste Nacht in die Caleta Victoria in der Isla Hunter. Dort machen wir, ohne Anker, an dem quer ueber die Bucht gespannten Fischertau fest.
Kurz vor der Einfahrt begegneten wir zwei Fischerbooten. Die freundlichen Maenner warnten uns vor einer Untiefe innerhalb der Caleta. Auf die Frage, ob sie Fisch fuer uns haben, bieten sie uns einen Riesenfisch an, an dem wir wohl mindestens eine Woche gegessen haetten. Das kleinere der beiden Boote wird auch in der Caleta uebernachten und schenkt uns dann spaeter am Nachmittag einen „etwas kleineren“ Merlusa, ein Weissfisch mit sehr wenig Graeten, den sie dann auch noch fuer uns filetieren. Das Gegengeschenk, eine Flasche Wein mit Korkenzieher, wird sofort probiert und fuer gut befunden. Und wir freuen uns ueber die Abwechselung in unser Speisekarte und geniessen am Abend die erste der drei Filetseiten des Fisches

Chile – Kanaele am Ende der Welt, Wasserballett der Robben vom 7.3. bis 15.3.2015

Unseren letzten "Landausflug" haben wir in der Caleta Brecknock gemacht. Bevor der Regen und Starkwind es unmoeglich machen, lassen wir das Dingi zu Wasser und rudern an das Ende des Fjordes zu einem kleinen Strand. Durch die ueppige Vegetation und dicke wassertriefende Mooskissen, in denen man mehr als knoecheltief versinkt, finden wir einen Zugang zu einem hoeher gelegenen Plateau. Von hier aus kann man ueber Granitfelsen wandern und ist kurz darauf etwas ueber einem hoeher gelegenen Bergsee. Dahinter sehen wir weitere Seen, die noch weiter oben gelegen sind. Unerreichbar ohne zu klettern. Wir steigen noch etwas hoeher und koennen jetzt vom Berg aus auch die Caleta ueberblicken und sehen die kleine Bucht, in der wir PACIFICO "eingesponnen" haben, von oben. Auf dem Rueckweg zum Strand, wo das Dingi auf uns wartet, biegen wir zu frueh ab und landen in einem Pflanzendschungel. Farne, knorrige dickbemooste alte Baeume, wilde Azaleen und Rhododendren versperren uns den Weg und die Sicht. Letztendlich finden wir dann doch den Weg durch das Dickicht und fuehlen uns dabei, wie auf einer Expedition in einer unberuehrten Natur. Am Samstag Morgen hat der Wind nachgelassen und wir nutzen die Gelegenheit um jetzt weiter nach Norden zu reisen, Richtung Magallanstrasse. Unser Kompetenz-Zentrum in Hamburg hat uns eine Perlenkette von weiteren Wetter-Tiefs vorausgesagt, so dass es jetzt gilt jede Moeglichkeit weiter zu kommen zu nutzen. Etwas wehmuetig verlassen wir die traumhafte Caleta Brecknock, bisher einer der schoensten Plaetze um gut zu ankern. Werden wir in unserem Leben wohl noch einmal an diesen Ort zurueckkehren? Bis zum naechsten Ort, Puerto Eden, angegeben mit 280 Einwohnern, Tendenz sinkend, sind es noch ueber 400 Seemeilen durch die chilenischen Kanaele. Auf offener See eine Strecke, die gut in vier Tagen zu erreichen waere. Da wir hier nachts jedoch nicht segeln koennen, wetterbedingt und auch weil wir auf Sicht angewiesen sind, wissen wir nicht, wie lange wir brauchen werden. Die Zeit nimmt eine andere Dimension ein. Es zaehlen nicht mehr die Wochentage. Wind und Wetter und die naechste Ankermoeglichkeit, die ausreichend Schutz bietet gegen die vorwiegend auch noerdlichen und westlichen Richtungen starken Winde, bestimmen unser Zeitgefuehl. Und natuerlich auch die Frage des Tages: was essen wir heute??? Unsere Vorraete an frischen Obst und Gemuese halten sich im Vorschiff sehr gut, da es dort kalt und nicht zu trocken ist. Wir kochen in der Regel zweimal am Tag: an Seetagen mittags eine heisse Gemuesesuppe, die gut durchwaermt, und abends Fleischgerichte oder hausgemachte Pizza. Zudem steigt unser Tee-Konsum an sehr kalten Tagen bis auf 6 Kannen taeglich. Nicht nur fuer die innere Waerme, sondern auch um sich die kalten Haende zu waermen 🙂 Es sind wirklich sehr wenige Schiffe und Boote, die wir unterwegs treffen. Segler so gut wie gar nicht. Den letzten Segler haben wir im Kanal OBrien gesehen. Am heutigen Samstag, als wir wieder in den Kanal Cockburn zurueckkehren, und zunaechst Richtung Osten an vielen Inseln vorbei segeln, treffen wir mehrere Fischer und auch einen kleinen Frachter. Die Leute gruessen und winken. Die ersten Menschen, die wir nach den Fischern in der Caleta Silva wieder sehen. Es ist kaum vorstellbar, wie weit wir von einer wirklichen Zivilisation entfernt sind. Internet ist zu einem Fremdwort geworden. Nachrichten von Freunden werden wir erst in einigen Wochen wieder beantworten koennen. Die wenige bezahlte Zeit ueber Seamail reicht gerade fuer die Familie, unser Kompetenz-Center und Wetterberichte. Und auch das ist nicht jederzeit moeglich und man muss auf eine gute Verbindung warten,es mehrmals, meist abends, versuchen, bis ein Empfang hergestellt werden kann. Es ist ein relativ sonniger Tag. Auch die Seerobben scheinen diesen Tag zu geniessen. Immer wieder sehen wir sie aus dem Wasser springen. Die kleinen Robbengruppen sehen aus, als wuerden sie immer Wasser mit einander spielen und tanzen. Ab und zu tauchen sie auch direkt neben dem Boot oder in unserem Kielwasser auf. Neugierig stecken sie ihre Koepfe aus dem Wasser und beobachten uns, die fremden Besucher. Bis zum Ende der Magallanstrasse werden die lustigen Kerle immer wieder zu sehen sein und wir freuen uns, wie zahlreich sie hier sind. Bei guter Sicht finden wir die Einfahrt in den Kanal Acwalisnan und Seno Pedro. Wir sind hier, mehr als sonst, auf die Angaben im Buch angewiesen, da der Kanal nicht vermessen ist und nicht weiter kartografiert. Uebrigens wird es wohl deshalb seitens der chilenischen Armada nicht so gern gesehen, wenn man diesen Weg nimmt, um in die Magallanstrasse zu kommen. Wir arbeiten uns nach dem Buch vor, beachten die Tiefenangaben dort, gleichen sie mit unserer Position ab, um uns dann entsprechend links oder rechts vom Kanal zu halten. Es gibt flache Stellen mit Stromschnellen, kleine Inseln und Felsen, die zu umschiffen sind. Hinter der naechsten Kanalinsel taucht unvorhergesehen der Mast eines Seglers auf. Und wie immer seit der Caleta Horno, heisst es wie bei jeder entlegenen Strecke oder Ankerplatz "das ist bestimmt die MANTA!!!", der finnische Segler mit der Sauna an Bord. Der Segler laeuft unter Motor und kommt uns mit schneller Fahrt entgegen. Im Gegensatz zu uns, hat er die Stroemung mit sich und rauscht an einer besonders engen Stelle foermlich an uns vorbei. Und diesmal ist es tatsaechlich die MANTA, die wir seit Puerto Deseado nicht mehr gesehen haben. Offenbar haben sie den Weg durch die Magallanstrasse genommen und sie haben jetzt den Wind mit sich in Richtung Ushuaia. Ein Moment des froehlichen Winkens und Gruessens – dann sind sie vorbei. Am spaeten Nachmittag entscheiden wir uns, in der offenen Bucht der Caleta Felix am Seno Pedro zu ankern, nur etwa 7 Seemeilen vor der Magallanstrasse. Der Ankerplatz ist diesmal nicht gegen alle Winde geschuetzt, aber wir erwarten eine ruhige Nacht nach diesem schoenen Tag. In der Bucht gibt es viele Seevoegel, das Wasser ist klar und ruhig. Wenige Meter hinter dem Heck steigt eine Felswand empor, die dicht bewachsen ist. Jetzt noch bluehen die Pflanzen in gelb und pink. Im Fruehjahr muss es dort ein noch mehr bunter, duftender Anblick sein. Es ist dazu fast windstill. Bei unter 10 Auentemperatur sitzen wir noch bis in die Dunkelheit draussen im Cockpit und erleben hier die wunderbare und urspruengliche Natur Suedamerikas. An der Magallanstrasse erwartet uns zum ersten Mal der Blick auf Wale, die in der Ferne auftauchen und blasen. Leider kommen wir nicht naeher heran. Es erwartet und aber auch ein boeiger Nord-West-Wind. Also muessen wir mal wieder, wenn wir segeln wollen, gegen an kreuzen. Die Magallanstrasse ist an dieser Stelle ziemlich breit und fuer einen Schlag brauchen wir ueber eine Stunde Dabei ist der Winkel manchmal so schlecht, dass wir kaum wirklich voran kommen. Es ist kalt und regnerisch, die Sicht entsprechend schlecht. Mehrfach ueberlegen wir umzukehren und die erste Ankermoeglichkeit an der Stelle zu nehmen, an der wir auf die Wasserstrasse gekommen sind. Bis zur naechsten Ankermoeglichkeit sind es doch immerhin noch 12 Seemeilen. Aber irgend etwas treibt uns doch voran und eben nicht zurueck, so dass wir dann am spaeten Nachmittag in die Bahia Gallant einlaufen. Die Zufahrt ist ziemlich eng durch eine Sandbank, die weit in die Bucht hinein reicht. Konzentriert suchen wir den Weg in die geschuetzte Bucht, in der wir dann frei ankern koennen und keine Landleinen benoetigen. Ploetzlich zeigt das Lot in schneller Folge nur noch Wassertiefen von 1,80 m, 1,70 m, 1,60 m … Bei 1,50 m aendern wir die Richtung. Es wird wieder tiefer. Gerade noch einmal Glueck gehabt! Nicht aus zu denken, wenn wir uns hier fest gefahren haetten. Bei der Ausfahrt am naechsten Tag ist Ebbe und ueber den Plotter sehen wir, wo wir ueber die Sandbank geschlittert sind 😉 Die Bahia Gallant bietet Schutz vor alLen Winden, aber man bekommt die Williwaws zu spueren, starke Windboen, die die umliegenden Berge herunterjagen und schnell mal um die 40 Knoten sein koennen. Gleich danach ist es wieder ruhig und der Spuk vorbei. Fuer uns ist die Bahia Gallant in seiner Weite und in der flachen Ebene vor den Bergen eher ein angenehmer Rastplatz, als ein landschaftlicher reizvoller Ankerplatz. Und so freuen wir uns auf spektakulaere Ankerplaetze an der Magallanstrasse, die noch auf uns warten. Z.B. die Caleta Campamento an der Isla Spider, zwischen Insel und winzig-Insel, wo wir uns nur mit Leinen einspinnen und wohin wir, nach einem gescheiterten Versuch weiter zu kommen, aufgrund der Starkwinde auch noch ein zweites Mal festmachen. Die Caleta Playa Parda Chica, wo wir rueckwaerts in eine schmale Landenge einfahren und wo das Wasser so klar ist, dass wir Muscheln und Seesterne auf den Steinen sehen koennen. Die Caleta Mostyn, wo wir am Ende des Fjordes in einer gigantischen Berg-Kulisse in tiefem klaren Wasser ankern und mit drei Landleinen festmachen und zwei weitere Tage bleiben, um ein zweites Mal die Heizung zu reparieren, die zwei Tage vorher ihre Taetigkeit eingestellt hat, und schweres Wetter ab zu warten. Wer das scheusslichste Wetter der Welt sucht, der wird es in der Magallanstrasse finden. Das ist es, was es so schwierig macht voran zu kommen. Fuer unseren Absprung in Richtung Norden und Einfahrt in den Kanal Smyth benoetigen wir unbedingt gute Windverhaeltnisse, damit es klappen kann. Sonst haengen wir im Puerto Tamar, am Eingang der Magallanstrasse fest. Wir starten unsere hoffentlich letzte Etappe von der Caletta Mostyn aus morgens um 5.00 h. Es ist noch stockdunkel. Die schwierigste Stelle ist die nur knapp 50 m breite Durchfahrt in den Hauptarm des Fjordes. Den Weg von fast einer Stunde zurueck zur Magallanstrasse steuern wir nach unserer Einfahrtslinie auf dem Plotter. Die Berge um uns herum sind nur schemenhaft zu erkennen. Es ist fast windstill. Wir wissen, dass es so nicht bleiben wird und hoffen, dass die Zeitangaben unseres Wettergrips in etwa stimmen werden. Der Wind kommt zunaechst moderat aus Nord-Nord-Ost. Der richtige Wind, um in Richtung der Insel Tamar zu segeln, unserem Wendepunkt nach Norden zum verlassen der Magallanstrasse und um in den Kanal Smyth einzufahren. Die Strecke ist besonders schwierig, da hier die Magallanstrasse in den offenen Pazifik muendet und auf dieser Strecke Wind und Stroemungen extrem gegen uns sind. In unserem Buch beschreiben Segler, dass sie 9 bis 12 Tage warten mussten, um ueberhaupt den Puerto Tamar zu erreichen. Der moderate Wind wird immer boeiger und der Windanzeiger zeigt dann auch schon mal wieder 28 Knoten. Wenn er nicht rechtzeitig dreht, segeln wird entweder zu den Osterinseln oder zurueck zum Puerto Tamar. Kurz vor 11.30 beginnt der Wind tatsaechlich zu drehen, wie bestellt! 🙂 Wir rauschen Richtung Kanal Smyth und erreichen zwei Stunden spaeter unser "hochgestecktes" Ziel. Beim Abendessen in der Caleta Teokita, die parallel zum Kanal Smyth liegt, freuen wir uns immer noch, dass wir den Absprung und diese schwierige Strecke so gut geschafft haben.

Chile – O’Brien, Londonderry, Brecknock – vom 1.3.-6.3.2015

Wenn man die Namen liest, koennte man denken, wir sind in Europa. Irland vielleicht. Aber wir sind nach wie vor in Suedamerika. Feuerland um etwas genauer zu sein. Heute hat Vincent Geburtstag. Also ein ganz besonderer Sonntag. Und das taucht heute natuerlich immer wieder in unseren Gespraechen auf. Frueh am Morgen verlassen wir den Seno Pia mit seinen Gletschern und dem Treibeis in Richtung Kanal O’Brien, vorbei an der Insel O’Brien. Unser Tagesziel legen wir waehrend der Fahrt fest. Das Wetter ist gut. Die Sonne haetten wir uns auch fuer unseren Gletschertag gewuenscht. Aber man kann ja nicht immer alles haben 😉 Unterwegs begegnet uns, selten genug, ein anderes Segelboot und zum zweiten Mal die Maximiliano, ein brasiliansches Marineschiff. Der Wind erlaubt es auch endlich wieder einmal zu segeln. Entsprechend unserem guten Vorankommen und der Vorstellung, moeglichst gegen 15.00 h immer irgendwo vor Anker zu gehen, entscheiden wir uns fuer die Caleta Silva im Puerto Engano. Caleta Silva? Nein, wir sind nicht zurueck gefahren. Den Namen gibt es mehrfach. Und hier sollen auch Fischer vor Anker gehen. Vielleicht gibt es ja heute Abend als Geburtstagsessen Fisch? Der Puerto Engano ist schlecht aus zu machen. Wir sind etwas unsicher, weil ja auch GPS und Karte im Moment abweichen. Um fast 1 Seemeile, was bei der Bestimmung der Einfahrt in eine Caleta schon zu Schwierigkeiten fuehren kann. Von Norden kommt eine graue Wettwand auf uns zu, die definitiv nach Regen aussieht und es waere schoen, den Ankerplatz vorher zu erreichen. Kurz vor der Kueste stellen wir dann fest, dass wir doch zu weit suedlich sind und was von weitem wie die Ankerbucht aussah, ein eher steiniges Gebiet ist. Also noch einmal einen Schlag zurueck in den Kanal Ballenero segeln, um dann hoeher nach Norden zu kommen. Der Wind wird staerker und es brist auf. Wir laufen unter voller Besegelung mit Genua. Das ist fuer den jetzt aufkommenden Wind einfach zu viel. Bei der naechsten Wende wird gerefft. Und das ist der Moment, wo es uns „kalt erwischt“. Der Regen wird von einer Sturmboe getrieben. Schlagartig zeigt der Windmesser ueber 40 Knoten und in der Spitze fast 50 Knoten. Das Reffen der Genua wird zum Kraftakt, auch weil die Winsch immer wieder ueberspringt. PACIFICO legt sich heftig auf die Seite und die naechste Welle geht sogar ueber die Heckreling. Jetzt weiss Hilde, was es in etwa bedeutet, wenn Hermann „kotz“ sagt. Es ist etwas gar nicht in Ordnung. Der Versuch die Genua dann ueber die elektrische Winsch einzureffen, endet damit, dass die Roll-Schot ploetzlich nachgibt und scheinbar gerissen ist. Gott sei Dank als die Genua fast eingerollt ist. Nur ein kleiner Teil in halber Hoehe schlackert noch heftig in den Boen. Wir steuern PACIFICO in den Wind um auch das Grosssegel einzureffen, was bei dem Sturm und Regen auch nicht gerade ein Spass ist. Sorgenvoll blicken wir nach vorne zur Genua. Was machen wir, wenn der Wind sie wieder ausrollt???!!!. Hermann macht sich bereit nach vorne zu gehen, um das Roll fest zu binden. Der Bug taucht immer wieder in die Wellen und Wasser kommt ueber. Eine Viertelstunde spaeter ist das Roll der Genua festgesetzt und wir koennen Kurs auf Land nehmen. Der ganze Spuk hat nicht mal eine Stunde gedauert. Trotzdem sind wir froh als wir dann endlich in der Bucht nebem einem Fischerboot aus Punta Arena vor Anker liegen. Die Roll-Schot ist nicht gerissen, sondern aus der Klemme gerutscht, weil die Rollvorrichtung durch eine Schraube blockiert war. Glueck im Unglueck, dass dadurch auch die Genua nicht wieder ausrauschen konnte. Noch vor dem Essen ist der Schaden fachkundig behoben, die Genua, bei der sich eine Naht geffnet hat, liegt verpackt auf dem Deck und die Fock ist angeschlagen. Wir sind also wieder startklar. Gott sei Dank ist letztendlich doch alles gutgegangen. Die Fischer sind keine Fischer, wie wir erfahren, sondern tauchen nach rotem Tang, der fuer die Kunststoffherstellung verwendet wird. Sie schenken uns aus ihrem Beifang zwei grosse Krabben (ca. 40 cm Durchmesser) – mit der Erlaeuterung, wie sie zu zubereiten sind, und dem Hinweis, dass wir sie nur kalt essen duerfen. Wir erwidern das Geschenk mit einer Flasche Wein aus unserem Bestand. Guter Tausch, denn die Krabben sind wirklich eine Delikatesse. Das Wetter hat sich auch am naechsten Tag noch nicht voellig beruhigt. Regen und weisse Schaumkronen draussen auf dem Kanal Ballenero vor unser geschuetzten Caleta. Also geht es erst am Dienstag sehr frueh weiter Richtung der Isla Brecknock. Wir nutzen jede Gelegenheit zum Segeln, aber haeufig kommt der Wind aus genau der Richtung, die es uns unmoeglich macht. Zumal der Wind sich auch selten fuer nur eine Richtung, und das mit Bestaendigkeit, entscheidet, sich in der Staerke ungern an die Wetter-Grips haelt und durch die vielen Inseln sowieso macht, was er moechte. Das Ganze endet dann haeufig in Segel raus, Segel rein, Reff raus, Reff rein, den Versuch durch kreuzen schneller oder gleich schnell zu sein, als wuerden wir mit dem Motor gegen die Stroemung anfahren. Entspanntes segeln ist also etwas anderes. Und so ist es dann auch mit der Zeitplanung. Wir brauchen ein Ziel, dass wir bis zum Nachmittag erreichen koennen. Ein moeglichst vor allen Winden geschuetzter Platz, wo der Anker gut halten wird und es am Besten auch Baeume zum festmachen gibt. Denn die Wettervorhersagen sind im Moment alles andere als ermutigend. Unser Kompetenzzentrum in Hamburg hat fuer Donnerstag Wind mit Staerken von 7 – 9 Bft. mitgeteilt. – Danke, fuer die rechtzeitige Warnung! – Da sollten wir also spaetestens in einer sehr geschuetzten Caleta sein. Deshalb machen wir uns am Dienstag Morgen trotz Regen und schechter Sicht wieder auf den Weg. Die Sichtweite liegt haeufig unter 10 Meilen und die Inseln tauchen sehr spaet im Dunst auf. Wir navigieren zusaetzlich ueber Radar und gleichen damit unsere Karte auf dem Plotter ab und koennen so den GPS-Versatz gut mit einplanen. Unser Tagesziel ist es, den Kanal Brecknock zu erreichen. Hier kommt man schon ganz nah an den Pazifik. Das Bild vor uns aendert sich, Die Inselwelt ist gepraegt von schroffen, kargen und unwirtlich wirkenden Felsen, die hier den Naturgewalten des Windes und des Meeres die Stirn bieten. Man sieht nur wenige Pflanzen, die in geschuetzten schmalen Felsspalten wachsen. Hier hat man wirklich das Gefuehl am Ende der Welt zu sein. Wir ankern am Dienstag Abend in einer Bucht zwischen Festland (also Insel Brecknock) und einer kleinen Insel. In unserem Patagonienfuehrer wird dieser Ankerlatz als „bombensicher“ bezeichnet. Aber wir fuehlen uns im Puerto Paso Aguirre gar nicht sicher und wissen, das wir hier auf keinen Fall das fuer Donnerstag angesagte Wetter abwarten wollen. Wir sind verpflichtet taeglich zweimal, morgens und abends, unsere Position an die chilenische Armada (Marine, Prefektur)zu melden. Als wir heute Abend unsere Mails senden und erhalten, ist auch ein Mail der Armada dabei. Eine Wetterwarnung fuer Donnerstag! Wir empfinden diesen Service als sehr positiv und aus unseren Erfahrungen in anderen Laendern durchaus nicht als selbstverstaendlich. Auch die Fischer machen es uns Seglern leichter. An vielen Ankerplaetzen sind Taue gespannt und Schlingen gelegt, an denen auch die Segler festmachen knnen, wenn man zustzlich zum Anker weiteren Halt und Sicherung des Bootes benoentigt. Am Mittwoch mittags erreichen wir die wunderschoene und sehr geschuetzte Caleta Brecknock am Kanal Occasion. Besser haetten wir nicht wahlen koennen. Die kleine geschuetzte Bucht in dem Fjord ist dicht von Pflanzen bewachsen und der Wasserfall am Anfang der Bucht sieht aus, als wuerde er durch einen Urwald herabstuerzen. Die knorrigen Baeume sind dick mit Moos bewachsen. Es wachsen hier wilde Azaleen und Rhododendron. Blickt man auf die andere Seite des Fjordes, so sieht man blanke Granitfelsen. Eine guter Platz, an dem wir uns neben dem Anker mit fuenf Landleinen „einspinnen“ und dem schlechten Wetter gelassen entgegen sehen.

Chile -Seno Pia – zum Tee bei den kalbenden Gletschern -vom 27.2. – 1.3.2015

Im Puerto Borracho wettern wir einen Tag ab, bevor es weiter gehen kann. Draussen auf dem Beagle sehen wir nur weisse Schaumkronen. Der Wind stuermt aus Nord-West dahin, was uns ein vorankommen auf dem Kanal unmoeglich machen wuerde. Der Puerto Borracho ist eine zum Beagle Kanal offene Bucht, voellig windgeschuetzt. Das Ufer ist leicht mit dem Kajak zu erreichen und laedt ein zu einem kleinem Landausflug ein. Die Farbe des Wasser hatte sich auf den letzten Meilen geaendert. War es vorher noch grau und dunkel, wie der von Wolken verhangene Himmel, wirkt es jetzt mehr wie ein smaragdgruen. Und in der Bucht ist es so klar, dass man die Muscheln in 5 m Tiefe unter PACIFICO deutlich erkennen kann. Wir bedauern nur, dass die Wassertemperatur von etwas ueber 9° nicht gerade zum baden einlaedt 😉

Als es am naechsten Morgen ruhiger ist, machen wir uns auf, unser letztes Stueck im Beagle Kanal zu durchfahren, bevor wir quasi rechts abbiegen in den Brazo Noroeste. Wir haben gehoert und gelesen, dass hier, wenige Seemeilen nach Ushuaia, die ersten Gletscher auftauchen sollen und sind schon sehr gespannt darauf. Eine wirkliche Vorstellung, wie es sein wird, haben wir nicht.

Und dann sehen wir oben in den entfernten Senken der Bergspitzen ist es nicht nur Schnee, wie wir es schon von den Bergen links und rechts vom Beagle kennen, sondern dichtes Gletschereis, dass in Richtung Tal strebt. Je weiter wir kommen, je tiefer kommen die Gletscher. Auf der Karte sehen wir, dass direkt hinter der Bergkette entlang unserer Route sich das Gletschereis ueber viele Meilen dahinzieht. An einigen Stellen kommt das Eis dem Kanal so nahe, dass die blaeuliche Faerbung und die zerkluefteten Spitzen gut zu erkennen sind.

Kurz bevor wir den Zugang zu unserem Tagesziel, dem y-foermigen Fjord Seno Pia erreichen, sehen wir das erste verirrte Treibeis im Wasser schwimmen.

Bei der Einfahrt in den Seno Pia stuetzen wir uns auf die Navigationsangaben im Handbuch, da auf dem Plotter die GPS-Daten und Karte nicht mehr uebereinstimmen. Wollte man dem glauben, haetten wir im Puerto Borracho hoch und trocken auf dem Land gelegen. Die Differenz zur Karte betraegt fast eine Seemeile. Die Sicht ist gut und so haben wir kurze Zeit spaeter die flache Stelle problemlos ueberquert und befinden uns wieder im tiefen Wasser. Wir wollen im oestlichen Arm des Fjordes in einer geschuetzten Bucht ankern und am naechsten Tag den als „Avenue der Gletscher“ geruehmten Seno Pia weiter erkunden. Treibeis! Und nicht nur einzelne Stuecke! Im Fjord scheint davon einiges herum zu schwimmen und einzelne Stuecke werden wohl auf den Kanal hinaus getrieben. Wir halten uns so gut es geht fern davon und sind fasziniert, von den Kunstwerken, die dort vor uns im Wasser schwimmen: bizarre Formen wie Skulpturen in weiss, manchmal blaeulich schimmernd oder auch glasklar.

Der oestliche Arm scheint zunaechst frei davon zu sein, so dass die Fahrt ungehindert Richtung Ankerbucht gehen kann. Beim umrunden der ins Wasser ragenden grossen Felsnasen oeffnet sich der Blick auf den ersten Gletscher, der hier dem Tal zustrebt bis ans Wasser heran. Ein unglaublicher Anblick, gewaltig und faszierend zu gleich.

Wir finden die beschriebene Ankerbucht, in der bereits ein franzoesisches Boot liegt. Auch die Franzosen wollen sich, wie wir, am naechsten Tag die Gletscher naeher ansehen.

Am naechsten Morgen ist der Himmel wieder von Wolken verhangen. Manchmal schauert es. Wir machen uns trotzdem auf den Weg, und auch das franzoesische Boot scheint sich vom Wetter nicht abhalten zu lassen. Sie fahren auf den Gletscher gegenueber unserer Ankerbucht zu, waehrend wir dem Arm des Fjordes weiter folgen. Die Fahrt geht zwischen bewachsenen Felswaenden hindurch, die gelegentlich von rauschenden Wasserfaellen, die in den Fjord stuerzen, unterbrochen werden und rauhen Felsnasen, die tief ins Wasser tauchen. Wir sind es gewohnt, dass der Tiefenmesser haeufig nichts anzeigt, da er bei ca. 185 m Wassertiefe abschaltet. Hier jedoch fuehrt er ein Eigenleben und zeigt Tiefen ueber 240 m an. Je weiter wir vorankommen, je mehr Eis treibt im Wasser. Ein Zusammenstoss mit dem Eis ist jetzt nicht immer mehr zu vermeiden. Laut krachend schlaegt es an die Bordwand. Der Kontrollblick zeigt jedoch keine Schaeden. Wir versuchen zumindest den groesseren Schollen aus zu weichen, damit sie sich nicht unter am Bug verfangen und bis hinter zum Kiel schieben und dramatisch Krach schlagen. Wir fahren nur noch mit langsamer Kraft und nach und nach gewoehnen wir uns an die Geraeusche, die das Eis verursacht, wenn es mit PACIFICO kollidiert. Das Eis wird immer dichter, nur wenige aufgelockerte Flächen sind vor uns zu sehen. Wir stoppen auf und gleiten an eine besonders grosse Eisscholle. Ehe man sich versieht ist Hermann aussenbords und steht auf der Scholle. „Mal sehen ob die mich traegt!“ Und sie traegt!!! 🙂

Und dann kommt vor uns ein riesiges Gletschermassiv in Sicht. Zu den Geräuschem des Eises und der Wasserfaelle kommt jetzt noch ein lautes Krachen, deren Ursache zunaechst nicht auszumachen ist. Erst als wir nahe am Gletscher dran sind, erkennen wir, dass es von herab fallenden Eismassen kommt, die hier in den Fjord stuerzen. Da jetzt auch kurz einmal die Sonne hervorkommt, beschliessen wir noch etwas zu bleiben und bei einem heissen Tee den Blick auf dieses gewaltige Naturereignis zu geniessen. Es bietet sich uns ein unglaubliches Schauspiel. Vor uns stuerzt ein Teil einer Gletscherwand tosend in den Fjord. Tonnen von Eis erzeugen eine Flutwelle, die nur von den schon auf dem Wasser schwimmenden Eismassen gebremst wird. Es ist ein fantastisches Erlebnis, dass nur schwer in Worte zu fassen ist. Immer wieder loesen sich kleinere und groessere Teile des vor uns liegenden blau und weiss leuchtenden Gletschermassives, die dann laut krachend in den Fjord stuerzen. Es faellt uns schwer uns von diesem Anblick zu trennen, doch wir wollen uns auch noch den Gletscher im Westarm des Seno Pia ansehen, der noch beeindruckender sein soll. Kaum vor zu stellen.

Wir muessen zurueck bis fast zum Eingang des Seno Pia um in den Westarm zu gelangen. Unterwegs nutzen wir die Gelegenheit noch Eis zu fischen, mit dem wir unseren defekten Kühlschrank füllen. Eine gute Alternative um den Inhalt frisch und eben kalt zu halten.

Im Westarm kommt uns das franzoesische Boot entgegen. Wir sind froh, dass sie uns nicht gefolgt waren und wir ganz allein den ersten Teil unser Expedition erleben konnten.

Die im Wasser treibenden Eisstücke und Schollen sind hier groesser und die Fahrt wird dadurch anstrengender. Letzendlich soll PACIFICO keine Schäden davontragen. Die Lady ist schliesslich nicht als Eisbrecher gebaut worden. Aber der Weg lohnt sich. Das Gletschermassiv ist noch groesser und gewaltiger. Es brechen unter unseren Blicken riesige Eismengen in den Fjord. „Ganz grosses Kino!“

Der Rueckweg zur Ankerbucht wird dann doch anstrengend, weil das Treibeis jetzt fast bis zum Eingangsbereich reicht und die grossen Eisstuecke nur eine sehr langsame konzentriete Fahrt zu lassen.

Am Ende des Tages, als wir wieder vor Anker liegen, sind wir uns einig, das dieser Tag einer der eindrucksvollsten unserer Reise sein wird.