Archiv fĂŒr den Tag: 9. September 2016

Fidschi – der Skipper kehrt zurĂŒck – vom 7.9. bis 9.9.2016

Wer jetzt denkt, was soll es in der kurzen Zeit schon aufregendes geben, mag vielleicht recht haben.
Nun fĂŒr mich waren diese beiden Tage jedoch von unterhaltsam bis ĂŒberraschend aufregend.

Am Mittwoch ist also der vorerst der letzte Tag von „Hilde allein zu Haus“. Noch einmal ein bisschen aufklaren, Betten frisch beziehen, gemĂŒtlich Kaffee trinken gehen und dann auch noch einen Besuch beim Friseur einplanen.
Nachmittags muss ich noch klĂ€ren, ob die FrĂŒhfĂ€hre am nĂ€chsten Tag, um 7.30 Uhr ab Port Denarau geht, damit ich Hermann per Mail informieren kann, wie er hierher nach Musket Cove zurĂŒck kommen wird. PlanmĂ€ĂŸige Ankunft seines Fliegers in Nadi Airport ist frĂŒh morgens gegen 6.00 Uhr. Die nĂ€chste FĂ€hre, die sicher hierher nach Musket Cove fĂ€hrt, geht immer erst um 10.30 Uhr.
TatsĂ€chlich ist die FrĂŒhfĂ€hre fĂŒr den nĂ€chsten storniert worden und Hermann wird eine Wartezeit von 4 Stunden haben, bevor er den letzten Abschnitt seiner RĂŒckreise antreten kann. Gleich nach seiner Ankunft wollen wir dann mit PACIFICO hinĂŒber nach Vuda Point auf der Hauptinsel, um uns dann in Lautoka neu zu verproviantieren. Fleisch hatte Hermann bereits vor seiner Abreise bei einem Schlachter dort bestellt, damit es dann auch vorrĂ€tig ist, wenn wir kommen.
Alles ziemlich unglĂŒcklich finde ich, denn er hat ja auch schon 29 Stunden Flugreise hinter sich, wenn er in Nadi ankommt. Ich gebe mir innerlich einen kleinen Ruck und schreibe ihm, dass die FĂ€hre nicht fĂ€hrt, ich ihn aber mit PACIFICO direkt in Vuda Point abholen werde. Meine einzige Sorge ist, dass ich das Anlegemanöver in der Marina alleine nicht schaffe. Doch Hermann wird ja schon vor mir in Vuda sein, mich in Empfang nehmen und dann selbst PACIFICO mit festmachen.
Nun hoffe ich mal, dass meine Nachricht ihn auch in Los Angeles erreicht, wo er laut Flugtracker vor 20 Minuten, und damit fast pĂŒnktlich, gelandet ist. Wer weiß schon, ob er dort Internet haben wird, und wenn ja, ob diesmal auch die Zeit wĂ€hrend des Transits reichen wird, um sich einzuloggen und die Nachricht zu lesen. Auf dem Hinflug war es mehr als eng.

Also erst einmal zurĂŒck an Bord und warten, ob Hermann sich meldet.
WĂ€hrend ich noch dabei bin, aus dem Dingi an Bord zu klettern, fĂ€hrt einer der Nachbarn dicht an mir vorbei. Ich grĂŒĂŸe, wie immer, erwarte jedoch nicht, dass er auch zurĂŒck grĂŒĂŸt. Die Amerikaner sind hier schon manchmal etwas komisch. Kaum einer, der im vorbeifahren mal grĂŒĂŸt. Und jetzt dreht der ‚Ami‘ mit seinem Dingi sogar eine Schleife und kommt auf mich zu. Holla, was ist denn jetzt los???!!!
Er stellt sich vor „wir sind Nachbarn“. Als wenn ich das nicht wĂŒsste. Schließlich bin ich ja schon drei Wochen alleine hier.
Weil das GesprĂ€ch vom Boot zu seinem Dingi recht mĂŒhsam ist, mein Englischkenntnisse halten sich ja Grenzen, zumal wenn ein Aussenborder stĂ€ndig das GesprĂ€ch ĂŒbertönt, lade ich ihn ein, an Bord zu kommen. Er heißt Jim, sein Katamaran ist die JOURNEY, seine Frau ist bereits wieder abgereist nach LA, sie wohnen in der NĂ€he von Ventura (wo auch meine Tante lebt oder zumindest gelebt hat) und er will im Oktober sein Boot zurĂŒck nach Neuseeland bringen. HierfĂŒr sucht er noch Crew. Nun, an einem Ort wie diesem, wird der sicherlich genĂŒgend Crew finden.
Ob ich denn wĂŒsste, dass jeden Mittwoch Abend an der Bar Pottluck-Party ist.
‚Nein, weiß ich nicht. Aber, wenn Hermann wieder da ist, kommen wir auch gerne. ‚
‚Ja, aber was ist denn mit heute Abend?‘
‚Wieso heute Abend?‘
‚Ja, heute ist doch Mittwoch! Und ich kann doch auch ohne Hermann dorthin gehen.‘
‚Oh! Heute ist ja tatsĂ€chlich Mittwoch. Das war mir gar nicht so bewusst. Ja klar, ich komme gerne mit.‘
Und so vereinbaren wir, dass er mich um 6.00 Uhr abholt.

Nicht dass ich jetzt in Stress komme
Es ist 16.00 Uhr. Um 16.30 Uhr habe ich einen Friseurtermin am anderen Ende der Bucht, wo ich mit dem Kanu hinfahren will. Als Segler geht man ja eher weniger zu Fuß, besonders wenn es ĂŒbers Wasser kĂŒrzer ist. Wenn ich dann wieder hier bin, muss ich also noch einen Salat machen und das Fleisch fĂŒr die Pottluck Party vorbereiten. Dann weiß ich auch noch nicht, ob ich Hermann morgen tatsĂ€chlich in Vuda Point treffe oder warte bis er hier ist. Uff!!!
Drei Wochen hatte ich kaum Kontakt zu anderen Seglern hier, außer zur MEERBAER. Ausgerechnet jetzt, am letzten Abend, ist das anders.
Ich bin pĂŒnktlich mit allem fertig, als Jim mich abholt, und weiß auch inzwischen, dass ich Hermann am nĂ€chsten Morgen tatsĂ€chlich in Vuda Point treffen werde.
Als wir an der Bar ankommen, herrscht dort bereits Hochbetrieb. Jim stellt mich allen möglichen Seglern vor und ganz schnell bin ich in der Gemeinschaft aufgenommen. Es ist ein wirklich schöner, unterhaltsamer Abend unter Gleichgesinnten.
Als es zu regnen anfĂ€ngt, löst sich die Gesellschaft plötzlich sehr schnell auf. Und auch wir fahren zurĂŒck, da Jim in Sorge um diverse Sachen ist, die nass werden könnten.

ZurĂŒck an Bord beginnen fĂŒr mich die Vorbereitungen fĂŒr den nĂ€chsten Morgen und fĂŒr meinen ersten Segeltörn, den ich in diesem Leben ganz allein machen werde. Im dunkeln bei leichtem Regen bringe ich PACIFICA zurĂŒck an Bord, das Kanu muss aus dem Wasser und dann außen an der Reling befestigt werden, der Generator unter Deck verstaut. Kurzum, alles muss an seinen Platz und sicher untergebracht werden.
Vor lauter Aufregung bin ich dann am nÀchsten Morgen auch schon um 4.30 Uhr wach und kann nicht mehr schlafen.
Um kurz nach 6.00 Uhr ist PACIFICO, dann wohl erstmals ohne ihren Skipper, unterwegs.
Seglerisch gesehen ist die etwa drei Stunden dauernde Tour sicherlich keine Herausforderung. Wir sind die Strecke ja schon ein paar mal gefahren. Zuletzt vor drei Wochen. Ich weiß um die Riffe unterwegs. Der Wind, der anfangs noch mit um die 20 Knoten blĂ€st, lĂ€sst schnell nach. Als ich die Riffe hinter mir habe und die Genua setze, weht es nur noch mit entspannten 12 bis 15 Knoten.
Bald kommt Vuda Point langsam in Sicht und ich bedaure es fast, dass die Fahrt schon zu Ende geht. Gerne hĂ€tte es noch ein wenig dauern können bei diesem sonnigen Wetter und leichten Winden, dem Blick auf die noch im morgendlichen Dunstschleier verhangene KĂŒste.
Ich bereite PACIFICO fĂŒr das Anlegemanöver vor und melde mich ĂŒber Funk bei der Marina an. Hermann wird im MarinabĂŒro die Ankunft der PACIFICO bestimmt schon angekĂŒndigt haben und dort, wo die erste Möglichkeit besteht, an Bord kommen. So ist es denn auch. Kurze Zeit spĂ€ter entert Hermann das Boot samt GepĂ€ck und wenige Minuten spĂ€ter liegen wir sicher vertĂ€ut am Pier. Das hat doch prima geklappt.
Hermann hatte meine Ankunft fĂŒr 9.00 Uhr angekĂŒndigt, weil er davon ausgegangen war, dass ich frĂŒh lossegeln wĂŒrde. Und ich bin auch sehr pĂŒnktlich da: 8.50 Uhr.
Nun haben wir genĂŒgend Zeit zum Einkaufen in Lautoka, sind frĂŒh zurĂŒck an Bord und schon geht es zurĂŒck nach Musket Cove. Eine Nacht in Vuda Point zu bleiben, wenn es nicht unbedingt nötig tut, findet Hermann weniger reizvoll. Da lockt es ihn doch schon eher, noch an diesem Nachmittag in Musket Cove schwimmen zu gehen, wo das Wasser um etliche Grade wĂ€rmer ist als die Ostsee.
Die RĂŒckfahrt hĂ€lt dann noch ein ganz besonderes Erlebnis bereit.
Wir hören im Cockpit plötzlich so merkwĂŒrdige WassergerĂ€usche, ein schwappen, als wĂ€ren wir direkt vor einem Felsen oder einem großen Container, der im Wasser schwimmt. Wir schauen nach vorne und da schwimmt genau quer zu unserem Kurs ein großer, schwarz glĂ€nzender Wal direkt vor unserem Bug. Nur noch etwa 3 bis 5 Meter trennen PACIFICO von diesem großen Tier. Uns bleibt förmlich das Herz stehen. In der nĂ€chsten Sekunde werden wir ihn rammen. Doch im letzten Moment taucht er gerade noch rechtzeitig ab. Meine GĂŒte! Hat der uns nicht gehört?
In den darauf folgenden Minuten sehen wir ihn noch zweimal hinter uns auftauchen. Dann ist die Entfernung zu groß.
Welch ein Erlebnis.

Es gibt viel zu erzÀhlen, was wir in den letzten Wochen so erlebt haben.
Am nĂ€chsten Morgen schon beginnt auch fĂŒr Hermann wieder der PACIFICO Alltag.
‚An den schönsten PlĂ€tzen der Welt repariert der Langzeitsegler sein Boot‘ . Die Solaranlage liefert nicht mehr genĂŒgend Strom. Ein mitgebrachtes MessgerĂ€t soll jetzt Aufschluss geben, woran das liegt. Und auch ansonsten ist schnell klar, dass es wieder so einiges zu tun geben wird.
Bevor der Vormittag herum ist, wird auch schon ein neues Brot gebacken. So ganz scheint Hermann meinen neu erworbenen BackkĂŒnsten dann doch nicht zu trauen.