Nach nur einer Nacht lichten wir Donnerstag morgens gegen 9.00 h gemeinsam mit der SALMON und der TWIGA Anker, verlassen das Minerva Riff und machen uns bei guten WindverhĂ€ltnissen auf nach Neuseeland. Es sind rund 900 Meilen, die wir noch zurĂŒck zu legen haben, um unser diesjĂ€hriges Etappenziel zu erreichen. Also, verglichen mit der in diesem Jahr zurĂŒck gelegten Strecke, nur noch ein Katzensprung von 6 bis 9 Tagen.
Unsere Zeit auf diesem Törn ist geprĂ€gt vom Wetter. Sind die ersten zwei Drittel der Strecke relativ unkritisch. Das letzte Drittel vor Neuseeland kann es dann jedoch noch richtig in sich haben. In Neiafu haben wir gelernt, welche Wetterbedingungen gĂŒnstig fĂŒr die Reise von Tonga nach Neuseeland gĂŒnstig sind und was man beachten sollte. Doch das Wetter verhĂ€lt sich aktuell einfach nicht so, dass es planbar ist. Es benimmt sich in keiner Weise so, wie es sich regulĂ€r verhalten sollte, um die Reise wettertechnisch sicher planen zu können. Das einzige, was wir sicher zu wissen glauben, ist, dass es keinen verspĂ€teten Wintersturm vor Neuseeland geben soll. FĂŒr uns der Grund, diese letzte Etappe ohne weitere Verzögerung anzutreten. Unterwegs ist in Funkrunden das Wetter deshalb Thema Nummer eins. TatsĂ€chlich vorhersagen lĂ€sst es sich, wie wir im Laufe der Woche dann feststellen, nur fĂŒr maximal zwei Tage. Alles andere ist mehr ein „Kaffeesatz lesen“ aus den vielfĂ€ltigen Informationen, die wir erhalten. Letztendlich verlassen wir uns auf unser Kompetenz-Centrum in Hamburg im Abgleich mit unseren Standard-Wettergribs. Und nachdem wir dann erst einmal unterwegs sind, ist es dann einfach so wie es ist und wir machen das Beste daraus.
Die erste Strecke legen wir so schnell zurĂŒck, dass wir unsere Ankunft schon fĂŒr den kommenden Mittwoch planen. Doch das Wetter vor Neuseeland macht da nicht ganz mit đ Es sollen leichte SĂŒd- bis SĂŒdwestwinde kommen. Das bedeutet fĂŒr uns, genau gegenan segeln. Vorsichtshalber kĂŒndigen wir unsere Ankunft also fĂŒr Mittwoch oder Donnerstag bei den Behörden in Neuseeland an, und sind dann gespannt, ob wir das wirklich schaffen werden.
Wir sind zu unserer alten Gewohnheit zurĂŒck gekehrt und kochen wĂ€hrend dieser Reise wieder zweimal tĂ€glich. Schliesslich wollen wir nicht so viel wegwerfen und unsere vielen VorrĂ€te lieber statt dessen aufessen đ Lieblingsdessert sind gebackene Bananen mit Zimt und Zucker, denn uns begleitet am Heck von PACIFICO mal wieder eine ganze Bananenstaude, die verzehrt werden will. Auch hatten wir ja reichlich GemĂŒse in Nukualofa gekauft, da wir nicht wussten, wie lange wir uns in Minerva aufhalten wĂŒrden. Und zwei TĂŒten Kartoffelchips hatten dann auch den Weg zu uns an Bord gefunden. Beim Verzehr stellen wir dann fest, dass die in Tonga gekauften Chips aus Deutschland stammen. So klein ist die Welt!
Hermann ist also ziemlich beschĂ€ftigt mit allem, was unter Deck zu tun ist. Also insbesondere in der KombĂŒse. Aber auch der Mailkontakt mit der Familie, Freunden, Wetterabfragen und die Funkrunden wollen tĂ€glich erledigt sein.
Und wer keine Arbeit hat, macht sich welche. Eine kleine Unachtsamkeit und schon lĂ€uft der SpĂŒlwasserkanister des Wassermachers ĂŒber. Der Schaden ist kaum der Rede wert, doch sind viele Sachen nass oder zumindest feucht geworden, die jetzt ĂŒber und unter Deck zu trocknen ausliegen. Kurzfristig sieht PACIFICO aus wie ein kleines Schlachtfeld.
Auf der letzten Segelstrecke kommt dann der angekĂŒndigte SĂŒdwind. Uns das gar nicht so schwach, wie angekĂŒndigt. In den Spitzen blĂ€sst der Wind dann schon mal mit 25 Knoten. Wir können nur ablaufen. Nachts legen wir weit ĂŒber 50 Meilen zurĂŒck, um am nĂ€chsten Morgen dann jedoch 15 Meilen weiter von unserem Ziel entfernt zu sein, als am Vortag. Den Mittwoch als Ankunftstag in Neuseeland können wir nun also getrost streichen. Vor Donnerstag wird es jetzt bestimmt nichts. Da heisst es, nicht ungeduldig werden und darauf zu warten, das entweder der Wind in eine gĂŒnstigere Richtung dreht oder er so sehr abflaut, dass wir unseren Jan (Dieselmotor) zu Hilfe nehmen können. Trotzdem steigt bei uns die Spannung etwas. Es ist anders, als bisher auf unserer gesamten Reise. Wir wollen jetzt unser Ziel zĂŒgig erreichen. Es gibt noch viel zu tun, wenn wir in Whangarei sind, bevor wir im November in den Flieger nach Deutschland steigen können. Aber nicht nur dass drĂ€ngt uns, sondern natĂŒrlich auch die Freude Familie und Freunde wieder zu sehen. Nun soll der Wind in der nĂ€chsten Nacht weniger werden bis fast zur Flaute. Wir wagen kaum daran zu glauben. Doch dann, tatsĂ€chlich, der Wind flaut ab. Gegen Mitternacht wird Jan gestartet, die Segel eingerollt und der Kurs gegen den Wind direkt auf Whangarei angelegt. Endlich schaffen wir wieder Meilen. Am frĂŒhen Nachmittag können wir sogar wieder Segel setzen und den Kurs hoch am Wind auch ohne die UnterstĂŒtzung von Jan halten. Jetzt sind wir fast sicher, dass wir am Donnerstag ankommen werden.
Die letzte Nacht vor unserer Ankunft ist lang. Nach Mitternacht laufen wir unter der KĂŒste und Inselwelt Neuseelands entlang. Schiffsverkehr und die LandnĂ€he lassen an Schlaf nach Mitternacht nicht mehr denken. Doch die Aufregung und Erwartung, wie es in Neuseeland sein wird, halten Hermann wach. Sobald es hell wird, fangen wir an PACIFICO aufzuklaren. Alles was noch an frischen Obst und GemĂŒse an Bord ist, sowie Getreidekörner, KĂ€sereste und Ă€hnliches wandert in MĂŒllsĂ€cke zur Entsorgung durch die QuarantĂ€ne in Marsden Cove. Wir rĂ€umen auf und machen sauber. Alles, was laut Formular gemeldet werden muss, wie zum Beispiel unsere Tikis von den Marquesas, stellen wir bereit. Denn wir wollen schnell von den Behörden abgefertigt werden, um mit dem Nachmittagshochwasser in die Whangarei Town Marina einlaufen zu können.
Kurz vor Marsden Cove sieht Hermann, dass bei zwei Booten die Anker slippen und informiert das Hafenamt ĂŒber Funk. Wir wundern uns, dass sich sonst keines der vorbei fahrenden Schiffe darum gekĂŒmmert hat. Die Boote drohen auf die Steine zu laufen, können nun aber rechtzeitig davor bewahrt werden. Noch wĂ€hrend viel am Einklarierungssteg liegen, bekommen wir ein Dankeschön, das wir Bescheid gesagt haben.
Die Einklarierung, QuarantĂ€ne und Zoll, verlĂ€uft problemlos und nach etwa eineinhalb Stunden können wir weiter zu unserem Liegeplatz in der Town Marina fahren. Die Fahrt dauert etwa zwei Stunden. Und dann haben wir noch einmal GlĂŒck mit unserer Planung. Um zehn Minuten vor vier erreichen wir die bewegliche BrĂŒcke, die fĂŒr uns geöffnet werden muss. FĂŒnf Minuten spĂ€ter und wir hĂ€tten zwei Stunden warten mĂŒssen. So öffnet der freundlichen BrĂŒckenmann uns noch schnell vor der Sperrzeit die BrĂŒcke und wir können durch um unser Ziel und den Liegeplatz fĂŒr die nĂ€chsten Wochen zu erreichen.
Geschafft. Donnerstag, 22. Oktober 2015 um 16.30h, machen wir in der Whangarei Town Marina, Neuseeland, am Dock C16 fest. Seit unserem Start im Januar in Buenos Aires haben wir laut Bordbuch 15.409 Meilen zurĂŒck gelegt. Es fĂŒhlt sich schon etwas merkwĂŒrdig an, jetzt unser diesjĂ€hriges Ziel erreicht zu haben. TatsĂ€chlich wird es wohl noch einige Tage dauern, bis wir dass wirklich fĂŒhlen und nachempfinden können, es wirklich greifbar fĂŒr uns wird.